Die Bundesregierung plant das Gebäudeenergiegesetz so zu verschärfen, dass ab 2024 keine rein fossil befeuerten Öl- und Gaskessel mehr eingebaut werden dürfen. Erforderlich wäre dann ein erneuerbarer Energieanteil von 65 Prozent. Allerdings eignet sich nicht jeder Altbau zum Einsatz der von der Ampel-Kollation präferierten Wärmepumpenheizung. Als interessante Lösung bietet sich ein Hybridheizsystem an.
Von Jürgen Wendnagel
Sind Hybridheizungen noch erlaubt?
Nach dem Willen der Bundesregierung müssen Althausbesitzer ab dem 1.1.2024 bei einer Heizungserneuerung mindestens 65 Prozent des Heizwärmebedarfs mittels erneuerbarer Energien decken. Auf diese Weise sollen die CO2-Emissionen im Gebäudesektor in den nächsten Jahren drastisch reduziert werden („Dekarbonisierung“). Dies bedeutet, dass der direkte Ersatz eines alten Öl- oder Gaskessels durch ein modernes, fossil befeuertes Brennwertgerät künftig nur noch in Härte- und Ausnahmefällen möglich sein wird, zum Beispiel falls ein schrittweiser Umstieg auf grüne Gase und Wasserstoff in den nächsten Jahren möglich wäre. Erforderlich wäre dazu die verbindliche Absichtserklärung oder das Lieferangebot eines Erd- oder Flüssiggaslieferanten sowie ein „H2-ready“-Gasbrennwertgerät, welches sich perspektivisch mit 100 Prozent Wasserstoff betreiben oder dahingehend umrüsten lässt.
Solche und weitere künftig noch zulässige Heizungslösungen regelt das Gebäudeenergiegesetz 2024 (GEG 2024), das bis Anfang Juli in einer novellierten Fassung vorliegen soll. Im derzeitigen Entwurfsstadium zeichnen sich für Öl- und Gasheizungsbesitzer drei zentrale Modernisierungsvarianten für alte und defekte Kessel ab: Ersatz durch eine Heizwärmepumpe, durch einen Holz- oder Pelletkessel oder durch ein erneuerbares Hybridheizsystem. Letzteres zeichnet sich damit aus, dass es normalerweise zwei technologische Einheiten kombiniert, die jeweils unabhängig voneinander funktionstüchtig sind und mindestens eine davon auf erneuerbaren Energien basiert. Hinweis: Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG EM) bezuschusst über das BAFA derzeit (anteilmäßig) nur die erneuerbare Heiztechnik.
Was ist ein Hybrid System bei der Heizung?
Vor allem für (unsanierte) Altbauten mit hohem Wärmeverbrauch (über 125 bis 150 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr) oder mit großem Warmwasserbedarf ist als Renovierungslösung ein Hybridsystem interessant, welches aus einem Öl-/Gas-Brennwertgerät und aus einer Wärmepumpeneinheit besteht – und somit nicht nur zwei Technologien, sondern auch zwei Energieträger vereint. Diese leistungsstarke Kombination ermöglicht es, im Bedarfsfall auch hohe Heizwasser-Vorlauftemperaturen von deutlich über 55 Grad Celsius energieeffizient bereitzustellen: Bei kalten Außentemperaturen und in Phasen mit hoher Wärmeanforderung übernimmt der Heizkessel die komplette oder schwerpunktmäßige Wärmebereitstellung. In den wärmeren Übergangsphasen kommt dann die Wärmepumpe zum Zuge.
Vorteilhaft ist, zudem dass sich bei einem plötzlichen Totalausfall des alten Wärmeerzeugers der Brennwertkessel vergleichsweise rasch installieren und in Betrieb nehmen lässt. Die Wärmepumpe und weitere Komponenten, wie ein Pufferspeicher, kann der Heizungshandwerker dann in Ruhe später montieren, falls sein Auftragsbuch voll ist, oder um eventuelle Lieferzeiten aufgrund einer hohen Nachfrage zu überbrücken
Grundvoraussetzung, um in einem Altbau mit Heizkörpern mehrere Energiequellen zur zentralen Raumheizung und Warmwasserbereitung nutzen zu können, ist ein Heizwasser-Pufferspeicher mit genügend vielen Anschlussmöglichkeiten und ausreichend großem Inhalt zur Wärmebevorratung. Mittels separater Wärmetauscher wird die fossile und regenerativ erzeugte Wärme wird an das Speicherwasser übertragen. Verfügbar sind verschiedene Speicherausführungen. Sogenannte Schichtenspeicher optimieren aufgrund ihrer Konstruktion den Be- und Entladevorgang, insbesondere von niedrig temperierten Wärmequellen wie Solarthermieanlagen und Wärmepumpen. Die zentrale Warmwasserbereitung lässt sich mit Pufferspeicher und Frischwasserstation, mit speziellem Kombispeicher oder mit separatem Warmwasserspeicher umsetzen.
Ebenfalls wichtig für eine sichere, zuverlässige Betriebsweise und für ein optimales Zusammenspiel der Hybridkomponenten: ein für die speziellen Anforderungen geeignetes, intelligentes Regelgerät. Das Hauptziel der Regelstrategie muss sein, so viel erneuerbare Energien wie möglich zu erzeugen und vorrangig zu nutzen – unter Beachtung von wirtschaftlichen Vorgaben (günstigster Energieträger) oder unter ökologischen Aspekten (geringste Treibhausgasemissionen).
Mit Blick auf das GEG 2024 müssen Althausbesitzer beachten, dass die bislang beliebteste Hybridvariante von Gas-/Öl-Brennwert und Solarthermie die 65 Prozent erneuerbare Energien-Nutzungspflicht nicht mehr erfüllen können. Die bestehenden Solarwärmesysteme zur Warmwasserbereitung und optionaler Heizungsunterstützung sind, außer in speziellen Solarhäusern, zu klein dimensioniert. Und im Falle einer Erweiterung oder Neuanschaffung wäre die notwendige Solarkollektorfläche und Pufferspeichergröße viel zu teuer und völlig unwirtschaftlich. Das bedeutet, dass betroffene Althausbesitzer, die ab 2024 weiterhin mit Öl und Gas heizen wollen, beim Kesselaustausch – zusätzlich zu den Solarkollektoren – zum Beispiel eine Luft- oder Erd-Wärmepumpe benötigen.
Übrigens: Auch bei einer Kombination von drei oder noch mehr Wärme- und Energieerzeugern sprechen die Fachleute von einem Hybridsystem, wobei dann der Begriff „multivalentes Heizsystem“ treffender wäre. Beispielsweise falls noch ein wassergeführter Holz- oder Pellet-Zimmerofen eingebunden wird. Diese Technik ist übrigens auch als Hybridpartner einer reinen Wärmepumpenheizung interessant, weil sie gerade an kalten Tagen relativ preisgünstige Zusatz- oder Spitzenlastwärme liefern kann.
Für wen lohnt sich eine Hybridheizung?
Ein Hybridsystem ist auch in Verbindung mit einem Pelletkessel interessant, wobei eine Solarthermieanlage oder Warmwasser-Wärmepumpe, die sommerliche Komplettabschaltung ermöglichen. Tipp: Modernisier, die kostengünstig an den Brennstoff Scheitholz kommen, aber dennoch den Komfort eines durchgehenden und automatisierten Heizbetriebs wünschen, sollten sich ein Hybridwärmesystem bestehend aus Scheitholz- und Pellet-Kesselmodul genauer anschauen. Neigt sich das Brennholz dem Ende, startet die Regelung automatisch die Verfeuerung der kleinen Holzpresslinge.
Wichtig ist, dass das präferierte Hybridheizsystem generell zum aktuellen oder künftig gewünschten energetischen Gebäudestandard sowie zu den Nutzungs- und Komfortwünschen der Bewohner passt. Vor allem im Altbau ist eine sorgfältige Planung durch einen qualifizierten Handwerker ratsam, der zahlreiche Rahmenbedingungen berücksichtigen muss, um das Heizsystem richtig und wirtschaftlich auszulegen. Auch die aktuellen Förderkonditionen müssen dabei berücksichtigt werden.
Empfehlenswert ist der Einsatz von herstellerseitig vorkonfektioniertes Hybridsystemen. Die Standardisierung vereinfacht Planung und Installation und garantiert, dass Komponenten, Bedienkonzept, Design, Platzbedarf und die gemeinsame Regelung optimiert und aufeinander abgestimmt sind. Zudem gibt es im Garantiefall nur einen Ansprechpartner. Unverzichtbar ist, dass der Althausbesitzer im späteren Betrieb alle Energieströme unkompliziert und app-gestützt kontrollieren und auswerten kann. Auf diese Weise lassen sich Hybridsystem zeitnah energetisch optimieren oder reparieren, falls defekte Bauteile unnötig hohe Brennstoff- und Stromverbräuche verursachen.
Vor- und Nachteile einer Hybridheizung
Hybridheizsystem kombinieren (mindestens) zwei technologische Einheiten, die jeweils unabhängig voneinander funktionstüchtig sind. Mindestens eine davon muss auf erneuerbaren Energien basieren, um die geplante Nutzungspflicht des Gebäudeenergiegesetzes 2024 zu erfüllen.
Vorteile
- Sie vereint die Vorteile fossiler und erneuerbarer Energiequellen: hohe Zuverlässigkeit und umweltfreundlicher als reine Öl-/Gas-Brennwertheizungen.
- Höhere Versorgungssicherheit: Fällt ein Anlagenteil aus, kann das andere Übergangsweise auch alleine arbeiten.
- Wer in ein erneuerbares Hybridheizsystem investiert, bekommt im Modernisierungsfall Förderzuschüsse von bis zu 40 Prozent.
- Die geplanten Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes 2024 lassen sich planungs- und installationstechnisch einfacher erfüllen.
- Die Grundheizlast lässt sich ganzjährig mit einer hocheffizienten Wärmepumpe decken. Der fossile Wärmeerzeuger deckt die Spitzen ab und sorgt für eine komfortable, wirtschaftliche Warmwasserbereitung bei hohen Temperaturen.
- Geringerer Verschleiß und höhere Energieeffizienz durch eine optimierte Betriebsweise.
- Wärmepumpen erreichen in Hybridsystemen in Verbindung mit einer Photovoltaik-Anlage einen hohen Autarkiegrad.
- Kühloption im Sommer in Verbindung mit einer reversiblen Wärmepumpe und einem Flächenheizsystem (oder speziellen Gebläsekonvektoren).
Nachteile
- Im Vergleich zum Einzel-Wärmeerzeuger sind mehr Platz für die Systemtechnik und ein größerer Installationsaufwand erforderlich.
- Beim Einsatz einer neuen Gas- oder Öl-Brennwertheizung bleiben die Anforderungen an die Technik (z. B. Schornsteinanschluss, Brennstofflager) sowie der Kostenaufwand für Wartung, Versicherung, Schornsteinfeger etc. weiterhin erhalten.
- Die Kosten für Technik und Installation fallen tendenziell höher aus, vor allem aufgrund zusätzlicher Komponenten und einer geringeren, staatlichen Förderung.
- Tendenziell sind beim Einsatz komplexerer Systeme mehr Fehlerquellen möglich. Empfehlung: Möglichst herstellerseitig vorkonfektioniertes Hybridsystem einsetzen.