Umnutzung: Aus Gotteshaus wird Eigenheim

Umnutzung: Aus Gotteshaus wird Eigenheim
Die ehemalige Kirche wurde zu einem Wohnhaus umgebaut. Der alte Glockenturm wurde beibehalten, um an die ursprüngliche Nutzung des Gebäudes zu erinnern. Foto: Rheinzink

Abriss oder Umbau? Für den Erwerber dieser ehemals evangelischen Kirche in einer hessischen Kleinstadt war das keine Frage. „Mir lag ein Angebot über 20 000 Euro für den Abriss vor, dann wär’s weg gewesen. Aber der Charme des Gebäudes hat einfach dagegen gesprochen“, erzählt der Hauseigentümer. Zudem entwarf Architekt Dipl.-Ing. Uwe Kollmenter vom Büro Kollmenter + Fink einen Plan für eine sinnvolle Umwandlung des ehemaligen Sakralbaus in ein modernes und zeitgemäßes Wohndomizil.

Bei der Sanierung sollte respektvoll mit der Bausubstanz umgegangen werden und die frühere Zweckbestimmung möglichst erkennbar bleiben. Unter der Regie seines Bruders, der die familieneigene Bauunternehmung betreibt, ließ der Bauherr das Gebäude dazu zunächst komplett entkernen und quasi zu einem Rohbau zurückbilden, von dem letztlich nur drei der vier Außenwände stehen blieben.

„Das Gebäude war ursprünglich nur von der Straßenseite her mit Tageslicht versorgt worden, auf der Rückseite gab es keine Fenster. Daher musste die komplette Rückfront zum Garten hin entfernt werden“, so der 44-Jährige. „Es war einfacher und kostengünstiger, die Wand so aufzubauen, wie sie gebraucht wurde, als jedes Fenster einzeln herauszuschneiden.“ Auch das Dach wurde demontiert, ebenso sämtliche elektrischen Leitungen und Heizungsrohre. Beim anschließenden Wiederaufbau blieb zwar die Grundstruktur der zwei verschieden hohen Kirchenschiffe mit ihrem hellen Außenputz und den flach geneigten, gegenläufigen Pultdächern erhalten. Verändert wurde jedoch die Fenstergeometrie als Hinweis auf die nun zweigeschossige Baustruktur, die sich dahinter verbirgt.

Das fast 40 Quadratmeter große Wohnzimmer mit angrenzendem offenen Essbereich, die Küche, ein Arbeits- und ein Gästezimmer sowie ein Abstellraum, eine Vorratskammer und ein kleines Bad bilden nunmehr das Erdgeschoss. Im ersten Stock finden sich neben einer Galerie das Bad, eine Ankleide und der 26 Quadratmeter große Schlafraum, aus dem ursprünglich zwei Zimmer hätten werden sollen. Aber der Bauherr entschied sich kurzfristig um: „An einem Sonntag habe ich mir mit Freunden den Rohbau angesehen, und als ich mit ihnen oben in diesem Zimmer stand, schien die Sonne herein. Der Raum mit den zwei Gauben war so lichtdurchflutet. Da dachte ich nur: Warum eigentlich diese Wand ziehen lassen? Du brauchst dieses zweite Zimmer doch überhaupt nicht.“

Von Anfang an stand für ihn fest, dass sein künftiges Wohnhaus kein normales Dach bekommen sollte. Er habe im Jahr 2002 zusammen mit einem Partner im Nachbarort bereits ein Mehrfamilienhaus mit einem zinkbekleideten Pultdach errichtet und sei ohnehin schon immer ein Fan von Metalldächern gewesen, „von daher kam für mich nichts anderes infrage. Ich habe mir nur hinsichtlich der Farbe Gedanken gemacht“, erläutert der Immobilienbesitzer. Letztlich entschied er sich für die etwas dunkler eingefärbte vorbewitterte Variante in Schiefergrau, weil diese seiner Ansicht nach am besten zum Gebäude passte. Der Werkstoff Titanzink der Firma Rheinzink, verlegt in Stehfalztechnik, bildete somit die gestalterische Klammer, die die ehemalige Kirche mit ihrem Turm und die Modernisierungsmaßnahmen an dem Gebäude architektonisch zu einer Einheit zusammenfasste.

Der Kirchturm stand nie wirklich zur Debatte. Nachdem klar war, dass das Kirchengebäude erhalten werden würde, stellte sich nur noch die Frage, was aus dem rund 13 Meter hohen, begehbaren Glockenturm aus Klinkermauerwerk werden sollte. Für den Bauherrn gehörte der Turm „irgendwie dazu“, und so sah das auch Architekt Kollmenter: „Den wegzunehmen stand für mich nicht zur Diskussion.“ Die Wetterseite des Turmes zur Straße hin verjüngt sich jedoch nach oben stetig und hatte Regen und Schnee somit über fünf Jahrzehnte hinweg eine Angriffsfläche geboten. Einige Fugen waren ziemlich ausgewaschen. Eine Sanierung schien also durchaus ratsam. Da es in besagter Region jedoch kaum Unternehmen gibt, die Klinkermauerwerk sanieren, war guter Rat zunächst teuer. Der beauftragte Spengler kam schließlich auf die Idee, die nordwestlich ausgerichtete Seite des Turmes ebenfalls mit schiefergrauem Zinkblech einzufassen. Rückblickend sagt der Bauherr dazu: „Wäre der Turm an der Vorderseite hundertprozentig in Ordnung gewesen, hätte ich ihn wohl nicht verkleiden lassen. Aber natürlich gefällt mir die Optik heute so, wie sie geworden ist, schon gut.“

Als das ambitionierte Projekt nach einem guten Jahr abgeschlossen wurde, waren Freunde und Verwandte vom Resultat durchweg begeistert, und auch der Bauherr fühlt sich sehr wohl. Was er anfangs nicht wusste: Die Kirche hatten sein Vater und Großvater 1961 als Bauunternehmer gemeinsam errichtet. Heute freut er sich darüber, denn „das Wissen, dass sie daran beteiligt waren, hat dem Ganzen im Nachhinein noch zusätzlichen Charme verliehen.“

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